Verfall von Urlaubsansprüchen: Neue Rechtsprechung und deren Bedeutung

02.07.2024

Allgemeine Entscheidung zum Verfall von Urlaubsansprüchen

Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 20. Dezember 2022 (Az.: 9 AZR 245/19) verfallen Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums. 

Stattdessen ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig und unmissverständlich darauf hinweist, dass die Urlaubstage verfallen werden, falls sie nicht genommen werden. Dies soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen Urlaub zu planen und zu nehmen. 

Der Arbeitgeber muss konkrete und individuelle Hinweise geben, einschließlich der Anzahl der Urlaubstage, die dem Arbeitnehmer zustehen, sowie der genauen Fristen, bis wann der Urlaub genommen werden muss.

EuGH-Entscheidung 2023: Besondere Regelungen für Langzeiterkrankte

Die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 9. November 2023 (Az.: C-271/22 bis C-275/22) präzisiert die Regelungen für langzeiterkrankte Arbeitnehmer. 

Laut dem EuGH ist es Sache der Mitgliedstaaten, angemessene zeitliche Begrenzungen für die Übertragung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub festzulegen. Die Entscheidung unterstreicht, dass Arbeitnehmer, die von Beginn eines Urlaubsjahres an bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres (= 27 Monate) aus gesundheitlichen Gründen durchgehend ihren Urlaub nicht antreten können, ihren Anspruch auch dann verlieren, wenn sie nicht rechtzeitig und angemessen über die Verfallsfristen informiert wurden. In diesen Fällen kommt es daher auf eine entsprechende Belehrung durch den Arbeitgeber nicht an.

Praktische Auswirkungen und Handlungsaufforderungen

Diese Entwicklungen bedeuten für Arbeitgeber eine verstärkte Verantwortung, ihre Mitarbeiter aktiv und klar über ihre Urlaubsansprüche zu informieren. Es ist notwendig, dass sie ihre Kommunikationsprozesse überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Für Arbeitnehmer bietet die neue Rechtslage verbesserten Schutz ihrer Urlaubsansprüche.

Fazit

Die jüngsten Urteile des EuGH und des BAG, speziell das Urteil des BAG vom 20. Dezember 2022 (Az.: 9 AZR 245/19), stärken die Rechte der Arbeitnehmer im Hinblick auf den Erhalt ihrer Urlaubsansprüche. Arbeitgeber müssen nun sicherstellen, dass sie ihre Informationspflichten vollumfänglich so früh wie möglich (am Besten in der ersten Januarwoche) erfüllen, um unnötige rechtliche Konflikte zu vermeiden. 

In komplexen Fällen oder bei Unsicherheiten ist die Beratung durch einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt empfehlenswert, um den Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung gerecht zu werden und sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberrechte zu wahren.

 

Gerne beraten wir Sie zu diesem Rechtskreis.

Von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)




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